Wie fair ist Fair Trade? Teil 2.

Wenn ich mich beim Käffchen mit Freunden über fairen Handel unterhalte, bekomme ich immer wieder zu hören: „Das ist zu teuer. Das bringt doch eh nix. Da blickt doch keiner durch.“ Und so weiter und so fort. Schauen wir uns die wichtigsten Kritikpunkte an Fair Trade genauer an.

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Barbara Beiertz

foto: rahimegul von pexels

Ist die Kritik am Fair-Trade-Siegel berechtigt?

Fair-Trade-Produkte sind teuer.

Stimmt. Für fair gehandelten Kaffee zahlt man mehr. Wie sonst sollte denn mehr beim Kaffeefarmer ankommen? Andererseits gibt es auch hier Preisunterschiede, die z.B. durch die Qualität der Bohnen, den Bioanbau, die Trommelröstung usw. begründet sind. Der nächste Kritikpunkt, von den „Premium-Preisen“ käme nichts bei den Produzenten an, beruht auf dem Irrtum, dass die Farmer prozentual am Endpreis beteiligt wären. Was so nicht stimmt. Die Kaffeebauern bekommen einen garantierten (und zwar nur nach unten begrenzten) Mindestpreis für ihre Bohnen. Und der liegt auf jeden Fall über dem Marktpreis. Das bedeutet, sie sind unabhängig von den schwankenden Börsen, haben Planungssicherheit und können von den darüber hinaus gezahlten Prämien in die Infrastruktur investieren. (siehe auch Teil 1 unserer Fair Trade Serie).

Das Fair-Trade-System ist zu kompliziert.

Auch das stimmt. Denn das Prinzip des sogenannten „Mengenausgleichs“ ist für Verbraucher kaum zu verstehen.

„Vereinfacht gesagt mischen dabei die Hersteller faire mit konventioneller Ware, sodass faire Produkte auch „unfaire“ Rohstoffe enthalten können und umgekehrt. Die Produzent:innen verpflichten sich aber, genau so viel vom fairen Rohstoff einzukaufen, wie sie auch als „fair“ gelabelte Produkte an den Kunden verkaufen. Nur muss sich eben die fair eingekaufte Menge nicht zwangsläufig (vollständig) physisch in genau dieser Packung finden.“* Auf der Verpackung muss dann aber auch der Hinweis „mit Mengenausgleich“ stehen.

Eigentlich logisch, aber zur Sicherheit sei es noch mal gesagt: Kaffee ist kein Mischprodukt. Somit ist ein Fairtrade-zertifizierter Kaffee wie der von uns auch 100% fair.

Fair-Trade-Produkte vom Discounter sind Greenwashing.

Das ist definitiv schwer zu sagen. Fakt ist: Wenn ein Produkt das Fairtrade-Label trägt, muss es auch nach den Bedingungen von Fairtrade gehandelt bzw. hergestellt worden sein. Das gilt selbstverständlich auch für Discounter. Die „fairen“ Eigenmarken und Siegel sind also nur mit dem Fairtrade-Logo zusammen auch fair. Klar ist aber auch, dass solche Produkte nur einen sehr kleinen Teil des Discountersortiments ausmachen. Genau hinschauen macht also Sinn, um nicht die Dumping-Preis-Bananen zu erwischen, die so schön neben den Fairtrade-Kollegen liegen. Die Kooperation von Fairtrade mit Discountern mag schwierig sein, andererseits ist eine stärkere Verbreitung von fairen Produkten ohne sie wohl kaum möglich. Frei nach dem Motto: Jedes bisschen hilft…

Welche Alternativen gibt es zu Fairtrade?

Im ersten Teil unserer Fair-Trade-Serie haben wir euch die Siegel „Naturland-Fair“ und „Rapunzel Hand-in-Hand“ vorgestellt. Sie sind, so die Verbraucherzentrale, mindestens ebenso vertrauenswürdig wie Fairtrade.

Aber was ist mit dem recht bekannten „kleinen Frosch“, dem Siegel der Rainforest Alliance?

Schaut man auf deren Website, dann heißt es dort: „So ist garantiert, dass die Betriebe, auf denen die Nutzpflanzen angebaut werden, und die Unternehmen, die sie kaufen, unsere strengen Zertifizierungsanforderungen erfüllen – Anforderungen, die speziell darauf ausgelegt sind, ErzeugerInnen mehr Einkünfte und ein besseres Leben zu ermöglichen und das Land zu regenerieren.“***
Klingt gut. Eine Reportage des ZDF aus dem Herbst 2023 sagt allerdings etwas anderes: „Das Siegel hält sein Versprechen oft nicht ein. Die Standards sind niedrig, die Kontrollen lax. Zertifizierte Plantagen können sie leicht unterlaufen.“****. Und auch bei Oxfam stand das Siegel immer wieder in der Kritik.*****

Der Sonderfall GEPA.

Die GEPA ist kein Siegel oder eine Zertifizierung. Die GEPA ist ein Unternehmen, das den fairen Handel als seinen Zweck definiert hat. Sie entstand bereits 1975 aus dem Kirchlichen Entwicklungsdienst (KED), Misereor und der neu gegründeten Arbeitsgemeinschaft der Dritte-Welt-Läden. Sie ist Gründungsmitglied der heutigen World Fair Trade Organisation (WFTO) – einem weltweiten Zusammenschluss von Fair-Handels-Organisationen. Seit 2012 nutzt die GEPA das Fairtrade-Siegel nicht mehr auf ihren Produkten (bis auf wenige Ausnahmen), sie beteiligt sich jedoch weiterhin am Kontrollsystem. Gerechtigkeit steht ganz klar im Fokus, aber auch Bioanbau und Klimaschutz. GEPA Schokolade & Co. gibt es inzwischen nicht nur in Dritte-Welt-Läden, sondern auch im Supermarkt. Laut Verbraucherzentrale sind die Richtlinien der GEPA strenger als die von Fairtrade.

Und was bedeutet eigentlich Direct Trade?

Ganz einfach: den direkten Handel zwischen z.B. Kaffeefarmer und Kaffeeröster. Ohne Zwischenhändler. Ohne komplexe Lieferkette. Es ist aber KEIN eingetragenes Siegel oder eine Zertifizierung, sondern ein Handelsmodell mit einer strengen Selbstverpflichtung. Und die gilt für beide Seiten.

Langfristige Planung, Vertrauen und Arbeiten auf Augenhöhe sind die Basis dieses Konzepts, das wir mit unseren Single-Origin-Kaffees aus Peru umsetzen. Sie stammen einzig und allein von der Farm La Chacra D’dago, sind Demeter-zertifiziert (was eine Seltenheit ist) und außergewöhnlich facettenreich in ihren Aromen – ein Specialty Coffee, der uns immer wieder begeistert.

Gemeinsam mit Dagoberto Marin und seiner Familie, den Kaffeefarmern, legen wir die Preise für die gesamte Ernte fest. Wir finanzieren nötige Investitionen vor. Wir entwickeln zusammen Ideen und Pläne, damit der Demeter-Anbau noch weiter vorankommt. Wir besuchen uns auf der Farm, in der Rösterei. Wir sind Freunde. Ich glaube, das kann man bei unseren Kaffees schmecken. Respekt und Fairness haben eben ein ganz besonderes Aroma.

Mehr über diese besondere Kaffeefarm, die Menschen und ihre Arbeit findet ihr hier: „Respekt – die Basis eines außergewöhnlichen Kaffees“.

Fazit: Fair-Trade-Kaffee ist besser.

  • Auf Fair-Trade-Kaffee umzusteigen, hilft auf jeden Fall. Weil er die Lebensbedingungen der Menschen verbessert, die ihn anbauen. (Und das gilt nicht nur für Kaffee). Aber: Fair Trade ist nicht bio. Und Fair Trade ist kein Merkmal für Qualität. Wenn du also einen richtig guten, einen Premiumkaffee trinken willst, dann achte auch auf anspruchsvolle Biosiegel wie Naturland oder Demeter und die sanfte, schonende Röstung in Trommelröstern.
    Mehr Infos dazu haben wir in diesem Artikel für dich aufbereitet: „Viva la machina“
  • Es gibt starke und schwächere Zertifizierungen. Fairtrade, Naturland-Fair und Rapunzel Hand-in-Hand sind die vertrauenswürdigsten. Aber selbst die weniger strengen Siegel wie Rainforest Alliance oder Utz sind besser als gar keins.
  • Direct Trade ist ein alternatives Handelsmodell, aber kein Siegel. Das Modell bringt höhere Preise für die Produzenten. Und in der Regel sehr hochwertige Kaffeespezialitäten für die Hersteller, so wie unser Single-Origin-Peru-Kaffee. Wichtigste Grundlage dafür ist eine strenge Selbstverpflichtung von Farmer und Röster. Das Direct-Trade-Modell hat sich bisher leider nur im Kaffeehandel etabliert.

 

Alles in allem: Fair-Trade-Kaffee ist fair. Zumindest bei uns.