People not Profit?

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Barbara Beiertz

foto: sven brandsma on unsplash

Eigentlich freue ich mich – Fridays for Future ist im September mit fast 20.000 Leuten in Hamburg unterwegs gewesen, legte die Stadt weitgehend lahm und war ziemlich laut. Was mir richtig erscheint, zumal es um die Klimakrise dank Ukrainekrieg, Energiekrise und Inflation recht still geworden ist. Und auch das Motto „People not Profit“ ist supergriffig, na klar sind Menschen wichtiger als Profit. In einer idealen Welt. Blöd nur, dass wir davon mehr als meilenweit entfernt sind.

Alles eine Frage der Haltung?

Ein paar Zahlen zur Einstimmung: In Deutschland ist für 86% der Menschen Nachhaltigkeit (Klimaschutz, soziale Gerechtigkeit, keine Kinderarbeit usw.) sehr wichtig oder wichtig. Wobei das Haushaltsnettoeinkommen – über bzw. unter 2.000€ monatlich – hier nur einen sehr kleinen Unterschied (1%) macht.

„Insbesondere vor dem Hintergrund aktueller Krisen sind 76% der Meinung, dass die soziale und gesellschaftliche Haltung von Unternehmen wichtiger sein sollte als das Streben nach Profiten. Diejenigen, die sich in Krisenzeiten unangemessen verhalten, würden bei 71% der Menschen an Ansehen verlieren. (…) 72% wünschen sich sogar noch mehr soziales und umweltpolitisches Engagement von Marken.“*

So weit, so gut. Dagegen steht leider, dass im ersten Halbjahr 2022 z. B. die Naturkostläden, ob klein, ob groß, im Durchschnitt 6,6% Minus machten. Das sind ca. 22 Kunden weniger pro Tag – und die restlichen kaufen weniger ein.** Inzwischen dürften die Umsatzeinbußen noch deutlich größer geworden sein. Ähnlich sieht es bei den Unverpackt-Läden aus. Allein in Berlin und Hamburg mussten dem Tagesspiegel zufolge drei Läden Insolvenz anmelden.***

Und auch in anderen Bereichen, etwa bei den erneuerbaren Energien, haben erst die steigenden Preise für eine deutlich größere Nachfrage gesorgt, beispielsweise an Solaranlagen für Privathäuser: „Der Wunsch, sich unabhängig zu versorgen, ist groß“, beobachtet Fachreferent Sascha Beetz von der Verbraucherzentrale Schleswig-Holstein. Die Zahl der Anfragen an den 25 Standorten in Schleswig-Holstein hat sich verdoppelt.“****

Seien wir also ehrlich:

Wir sind alle mehr oder weniger große Egoisten. Und so ist die Parole „People not Profit“ dann doch nicht mehr so überzeugend. Natürlich müssen „Übergewinne“ gerecht verteilt werden. Natürlich muss das Ausnutzen von Krisen, wie z. B. in der Maskenaffäre 2021, mit allen rechtlichen Mitteln geahndet werden. Aber ebenso klar ist, dass wir uns alle an die eigene Nase fassen dürfen (und müssen), wenn es um Anspruch, um Haltung und Handeln geht. Wenn wir es schaffen könnten, Verantwortung und Schuldzuweisungen nicht immer an DIE anderen, DIE Politik, DIE Konzerne, DIE Demonstranten zu richten, sondern wirklich miteinander zu arbeiten, zuzuhören, zu reden und nicht zu missionieren – dann könnte schon eine ganze Menge bewegt werden. Denn so viel ist sicher: Nur in der Kollaboration von allen Beteiligten, Gesellschaft und Wirtschaft sind diese Herausforderungen zu stemmen. Dazu braucht es Respekt, gesunden Menschenverstand, Wissen (nicht nur Meinung). Vor allem aber den Willen, ein Teil der Lösungen zu sein. Jeder für sich. Und alle zusammen.

Was das mit Mount Hagen zu tun hat?

Ganz einfach: Seit 1986, dem Gründungsjahr, versuchen wir fair und respektvoll mit der Umwelt und den Menschen umzugehen. Das heißt, wir stellen prinzipiell nur Bio– oder Demeter-Kaffees her. Wir sind Fairtrade-zertifiziert, zahlen also deutlich höhere und garantierte Preise an die Kaffeefarmer. Wir unterstützen sie mit Vorfinanzierungen von nötigen Anlagen oder beim Schulbau oder beim Ausbau z.B. des Demeter-Anbaus. Dazu braucht man Geld: „Profite“. Eben.

Quellen:
*Studie aus der Burda Marktforschung, Juni 2022. horizont.net vom 15.08.2022 Planung&Analyse
**BioVista
***t-online
****ndr.de