- Kaffeewissen
Ist Kaffee Luxus?
Er ist etwas ganz Besonderes. Für manche – für uns – ist er das Lebenselixier schlechthin. Aber ist Kaffee ein Luxusgut im „rechtlichen“ Sinne?
Karsten Suhr
Schließlich wird auf Kaffee, genauer gesagt auf Röstkaffee, löslichen Kaffee und kaffeehaltige Waren eine zusätzliche Steuer erhoben, die Kaffeesteuer. Im Moment sind das übrigens 2,19 Euro pro Kilogramm Röstkaffee, beim Instant 4,78€/kg. Da es aber in Deutschland ja keine „Luxussteuer“ gibt wie in Finnland oder Dänemark, ist die Kaffeesteuer eine Verbrauchssteuer. Was auch nicht wirklich zum Verständnis beiträgt.
Warum gibt es also eine Steuer auf Kaffee – und keine auf Tee?
Die einfache Antwort: Weil es sich lohnt. Die Kaffeesteuer bringt dem Fiskus pro Jahr über eine Milliarde Euro an Einnahmen. Beim Tee war es übrigens deutlich (sehr deutlich) weniger, was die Vermutung nahelegt, dass sich der Aufwand der Besteuerung nicht lohnte. Und so wurde sie im Zuge des EU-Binnenmarkts 1993 zusammen mit anderen nationalen Verbrauchssteuern außer Kraft gesetzt – die Kaffeesteuer aber überlebte.
Der Grund findet sich etwas versteckt in der Neufassung des Kaffeesteuergesetzes aus dem Jahr 2009. Dort heißt es unter anderem: Das Bundesministerium erhält die Ermächtigung, „durch Rechtsverordnung ohne Zustimmung des Bundesrates zur Sicherung des Steueraufkommens und zur Wahrung der Gleichmäßigkeit der Besteuerung die Art und Weise der Bestimmung der für die Besteuerung maßgebenden Kaffeemengen und -arten festzulegen.“* Zur Sicherung des Steueraufkommens… – alles klar?
Interessanterweise war die Kaffeesteuer seit ihrer Einführung 1948 im Vereinigten Wirtschaftsgebiet der britischen und amerikanischen Besetzungszone als Gesetz Nr. 64 (Kaffeesteuergesetz) immer wieder ein Politikum. In den ersten sechs Monaten nach Inkrafttreten belief sie sich bereits auf 62,1 Millionen DM. Und sie diente ab 1. November 1948 zur Finanzierung der Stadt Berlin. 1949 wurden 280 Millionen DM, 1950 sogar 340,1 Millionen DM erwirtschaftet, womit die Kaffeesteuer für die neu gegründete Bundesrepublik eine wichtige „Haushaltssäule“ war.
Die üppigen 10DM/kg öffneten allerdings auch dem Schmuggel Tür und Tor. Und der Wahlkampfpropaganda. Immer wieder wurde die Senkung des Kaffeepreises thematisiert, bis schließlich am 30. Juli 1953 der Bundestag das neue Kaffeesteuergesetz** verabschiedete, in dem der Steuersatz auf 3DM/kg beziehungsweise 4DM/kg gesenkt wurde.
„Das Ziel: Die mitten im Bundestagswahlkampf verfügte Senkung der Kaffeesteuer würde einen nicht unwesentlichen Beitrag zum Wahlsieg Konrad Adenauers leisten.“*** Was ja auch funktionierte. Das Steueraufkommen stieg übrigens in den Folgejahre immens – es wurde eben mehr Kaffee getrunken. Wobei der Kaffeepreis trotzdem immer wieder Debattengegenstand war.
Ein recht unterhaltsames Zitat aus dieser Zeit ist von Walter Scheel, dem späteren Bundespräsidenten, überliefert:
„Die Kaffeefrage hat drei Seiten. Die erste ist eine steuerliche Seite. Die zweite Seite betrifft die Politik den Entwicklungsländern gegenüber. Die dritte Seite eine rein menschliche Seite. Wir alle sind entweder Kaffeetrinker oder Teetrinker. (…) Die Kaffeesteuer sind in der Tat ungerechte Steuern, die man, sobald es eben geht, abschaffen sollte.“****
Tja. Wurde sie aber nicht. Auch nicht, als die EU 2020 dazu ein Vertragsverletzungsverfahren gegen Deutschland einleitete.
Ob einem die Steuer auf Kaffee also gerecht erscheint oder nicht, sie kommt uns allen, dem Staat nämlich, zugute. Und sie erhöht die Wertschätzung für Kaffee. Denn so sind wir nun mal gestrickt: Nur was viel kostet, ist auch viel wert. Und das ist Kaffee. Er schmeckt grandios, er macht wach, er sichert die Existenzen von unzähligen kleinen Kaffeefarmern. Unterstützt die Bodengesundheit und die Artenvielfalt. Zumindest ist das bei Mount Hagen so. Darum ist er Luxus für uns. Und lebensnotwendig.
Was meint ihr? Schreibt uns gerne in den Kommentaren, was ihr von der Kaffeesteuer, der Wertschätzung für das „Luxusgut“ Kaffee haltet.
Wer gerne wissen will, wie viel Arbeit wirklich in einer Tasse Mount Hagen steckt, für den gibt es hier eine kleine, aber recht beeindruckende Rechnung: „Reden wir über Qualität“.
Und hier gibt es mehr Hintergrund-Infos zu unserem Bio- bzw. Demeter-Anbau: „Bio & Fair“.
*15. Juli 2009 BGBl. I S. 1870, 1919
**BGBL 1953 Teil I, S. 708
***coffeewithpassion.de
****Bundestag 4. Mai 1960
Quellen:
bundesfinanzministerium.de
https://intelligence.coffee/