- Käffchen mit
„Man muss nicht jedes beliebige Geschäft mitnehmen…“
Biofach, Mitte Februar – eine illustre, bunte Gesellschaft von Start-ups und Bio-Urgesteinen. Was auffällt, ist, dass langsam, aber sicher eine neue Generation von Verantwortlichen bei den Biopionieren einzieht. Eine sehr spannende Entwicklung, schließlich ist kaum eine Branche so werteorientiert und dadurch oft so traditionell. Friedemann Wecker, 38 und seit 2023 Geschäftsführer bei Bauck, ist einer von den „neuen jungen Bios“. Beim Käffchen mit ihm auf der Messe sprechen wir über Werte und darüber, was sie heute überhaupt für einen Sinn machen.
Barbara Beiertz
Die Basis für Zukunftsfähigkeit.
Barbara: Lieber Friedemann Wecker, wie wichtig sind Werte heute für ein Unternehmen?
Friedemann Wecker: Grundsätzlich sind ja Werte immer eine Haltungsfrage, man lebt sie oder hat sie. Alles andere wäre Greenwashing. Wenn ich auf unsere Werte gucke, wie wir als Betrieb unterwegs sind, dann sind sie auch ein Grundsatz für Zukunftsfähigkeit.
So wie wir mit unseren Lieferanten umgehen – dass wir direkte Lieferbeziehungen haben. Dass wir Perspektive geben beim Anbau. Kein Spotmarketing an der Börse von Paris, keine Spekulation, sondern einfach gemeinsam, verbindlich mit unseren Landwirten zusammenarbeiten, dann ist das ein zeitgemäßes Werte-Thema. Was am Ende, wenn man es gut macht, ein Wettbewerbsvorteil sein kann.
Das zweite Thema ist Nachhaltigkeit. Was zwar als Wort ein bisschen abgedroschen ist, aber Regionalität ist ein Wert, den wir seit Jahrzehnten in uns tragen. Wir kaufen vor Ort ein, in einem Umkreis von durchschnittlich 250 Kilometern. Wir stellen Haferprodukte aus Norddeutschland für Norddeutschland her. Wir fluten nicht einfach, weil es lohnenswert ist, den asiatischen Markt mit Premium-Bioprodukten und fahren schöne Gewinne ein, sondern wachsen aus der Regionalität heraus.
Wenn ich mir die aktuellen wirtschaftlichen und volkswirtschaftlichen Rahmenbedingungen angucke, mit der CO2-Steuer, mit Transporten und allem Drum und Dran, ist das ein Wert, der zwar über 20, 30 Jahre alt ist, aber gerade wirtschaftlich kritisch ist und darum auch ganz aktuell.
Durch die steigenden Transportkosten ist es sinnvoll, in der Region einzukaufen und nicht internationale Lieferketten zu haben, um dort wieder möglichst noch den letzten Cent irgendwo rauszuholen, sondern wirklich zu gucken, dass man gute Partnerschaften hat.
Greenwashing oder Verkaufsargument?
Mein nächster Punkt: Wir fördern und entwickeln ökologische und biodynamische Landwirtschaft. Auch das ist brandaktuell, wenn wir uns die ganzen klimatischen Veränderungen in den letzten Wochen und Monaten und Jahren angucken – man hat schon ein bisschen das Gefühl, die Extreme werden stärker.
Die Eltern- und Großelterngenerationen haben ja noch zu Beginn meines Studiums 2006/2007/2008 gesagt: „Ja, komm, diese Grünen da und ihre Fantasien mit Klimawandel…“ Aber heute ist es, glaube ich, nicht mehr wegzudiskutieren, dass wir Veränderungen haben, Dürren beispielsweise ganz konkret auch bei unseren Getreidekulturen. Deshalb ist die ökologische und biodynamische Landwirtschaft mit den Themen Erosionsverminderung, Wasserspeicherkapazität in den Böden, Humusbildung, Kohlenstofffixierung – also unseren ganz alten traditionellen Grundsätzen – aktueller denn je.
B: Ja, aber kommt das bei den Verbrauchern an? Ist das bei denen präsent?
FW: Ich glaube, zu wenig. Es gibt ja viele Lebensmittelhersteller, die sich Gedanken gemacht haben, wie sie das bewerben wollen, und die wurden dann durch Rechtsprechung zurückgepfiffen. Das ganze Thema Green Claims (Was darf man sagen, was nicht und wie muss das belegt sein?) – das ist ein schmaler Grat zwischen Dinge-Verkaufen, die nicht stimmen, und einer Überbürokratisierung.
Ich habe meine Abschlussarbeit damals über Agrar-Marketing geschrieben und ich weiß, Professor Uli Hamm hat damals schon gesagt, es müssen maximal 7 Punkte auf dem Produkt stehen und die müssen griffig sein. Was sind gerade in unseren wertgetriebenen Unternehmungen die 3 bis 5 Punkte, die uns wirklich unterscheiden? Wir müssen sie in den Vordergrund rücken und dann löst das auch eine Kaufbereitschaft aus.
B: Was wäre der wichtigste Wert?
FW: Für mich sind unsere Werte nach wie vor: ökologisch, regional – Nachhaltigkeit. Demeter ist für uns ein ganz hoher Wert im Sinne der Lebensmittelqualität, also geringe Verarbeitungstiefen.
Wenn ich an die ganze Diskussion gerade um Ultra High Processed Food denke, wenn ich mir das alles angucke, was da gerade bei der Lebensmittelqualität los ist, finde ich, dass unsere Demeter-Produkte auch einen Wert haben. Vom Geschmack, der einfachen Zubereitung mit wenig Zucker – ich glaube, das sind Werte, bei denen wir Mensch und Lebensmittel gemeinsam im Blick haben.
MIt Herz und Seele ein Familienbetrieb.
B: Was ist bei immateriellen Werten, Markenwerten, Unternehmenswerten? Was ist da wichtig?
FW: Ganz salopp gesagt: Ich liebe es, dass wir zum deutschen Mittelstand gehören, mit allem, was dazugehört. Ich finde, der Großteil unserer Gesellschaft kommt aus der Landwirtschaft, also: Wir sind verbunden mit dem, was wir tun.
Wenn ich mir die letzten 10, 15 Jahre angucke in der Biobranche, gab es zwei Stränge. Ganz viele Biobetriebe wurden verkauft oder ausgebaut und optimiert. Und ich freue mich, dass Bauck keine verkaufte Marke ist, sondern mit Herz und Seele ein Familienbetrieb. Ich glaube, das ist ein Wert an sich, ein immaterieller Wert, dass wir ein Familienbetrieb sind.
B: Das heißt, lieber nischiger als groß?
FW: Genau. Das ist ja auch eine Haltung, zu sagen, wenn ich Nachhaltigkeit ernst nehme, dann bediene ich nicht alle globalen Märkte, sondern habe einen Kernmarkt, Deutschland oder Europa, und auf den fokussiere ich mich. Ich glaube, dass das auch unsere Marke stärkt. Weil wir nicht jedes beliebige Geschäft mitnehmen, was uns angetragen wird. Auch wenn das dann heißt, dass einem Profite entgehen.
Wir sind zwar keine Unternehmung im Verantwortungseigentum, aber zum Beispiel wird bei uns nur ein relativ kleiner Anteil an die Gesellschafter ausgeschüttet. Der überwiegende Anteil – der weit überwiegende Anteil – bleibt bei uns im Betrieb. Das ist auch ein Wert, dass wir nicht renditeorientiert jedes Jahr an große Ausschüttungen denken müssen, sondern der Kernbetrieb im Fokus steht und gefördert und weiterentwickelt wird.
Also nicht ganz Purpose, aber nah dran. Ich finde, wir bilden sehr viele der Kriterien ab, die in den Purpose-Unternehmen mitdiskutiert werden. Zum Beispiel beteiligen wir unsere Mitarbeiter am Unternehmenserfolg.
B: Also geht es euch um Fairness? Beteiligung von Mitarbeitern, mit den Verbrauchern fair umzugehen, zu sagen, „Das ist drin im Produkt“ – und das ist wirklich dann auch drin?
FW: Wir sind Mitglied bei Fairbio und das ist ja im Prinzip die Übersetzung von Fairtrade Inland. Ich denke, viel von dem, was uns wichtig ist, sind wir angegangen, haben systematisch eine Antwort dafür gesucht und gefunden.
Mehr über die Bauck Mühle, ihre Mehle & Müslis findet ihr hier: www.bauck.de