Karpfen grün?

Oder: Weihnachtsmenü mit gutem Gewissen.

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Barbara Beiertz

foto: monstera von pexels

Heiligabend naht und damit die Frage: Was kochen wir – mit einigermaßen gutem Gewissen? Ist Reh, Karpfen, Gans ein No-Go? Kann mein Konsum bei CO2-Emissionen, Wasserknappheit etc. überhaupt irgendwas bewirken?

Wir meinen: Ja.

Wie das funktioniert und worauf du achten solltest, gerade zu Weihnachten, das haben wir hier zusammengetragen.

Genüsslich sorglos essen,
geht das überhaupt noch?

Es gab eine Zeit, da waren Erdbeeren im Winter hip. Rindfleisch aus Argentinien sowieso. Und Thunfischsteaks unverzichtbar. Das ist zwar nicht mehr ganz so, aber „laut Weltklimarat (IPCC) ist die globale Nahrungsmittelversorgung für 21 bis 37% der weltweiten Treibhausgas-Emissionen verantwortlich. Der genaue Wert hängt davon ab, was genau man dem Ernährungssystem zurechnet“*. Also Energieverbrauch bei der Herstellung und beim Kochen, Verpackung, Logistik, Abfall und so weiter.

Das bedeutet: Wir haben hier einen ganz ordentlichen Hebel, um persönlich für eine Verbesserung zu sorgen. Also: Verzicht, Verzicht, Verzicht? Nö.

Die Planetary Health Diet.
Oder: Die Menge macht das Gift.

Das Wissenschaftsmagazin EAT Lancet hat 2019 die Ernährungsempfehlung einer interdisziplinären Expertengruppe veröffentlicht, die Menschen genauso gut bekommt wie dem Planeten: die sogenannte Planetary Health Diet**.

Die wichtigste Erkenntnis: Drei Viertel unserer Ernährung sollten aus Gemüse und Obst bestehen. Und ja, Fleisch geht auch, aber eben deutlich weniger: 98g pro Mensch pro Woche. Was eigentlich ja gar nicht sooo wenig ist.

Warum diese Umstellung? Laut der „Welternährungsorganisation der Vereinten Nationen (FAO) trägt allein die Viehzucht jährlich rund 14,5% der vom Menschen verursachten Treibhausgas-Emissionen bei. Das ist genauso viel, wie alle Autos, Lastwagen, Flugzeuge und Schiffe der Welt zusammengerechnet.“*

Die Ausnahme: Wild. Wildschweine, Rehe & Co., die in freier Wildbahn leben und dort geschossen werden, sind „bio“, verursachen nur geringe Emissionen und leben im Einklang mit der Natur. Klar, dass das nur gilt, wenn sie aus der Region (wenigstens aus Deutschland) kommen und wenn es kein Gatterwild ist.

Weihnachtsbraten ade?

Nein, ganz und gar nicht.

Wild vom Jäger um die Ecke*** wäre eine Möglichkeit. Fisch im Prinzip auch, wenn nicht die Bestände überfischt wären. Hier gibt die Website von Naturland Aufschluss (s. Linkliste), man kann sich an diesem Siegel ziemlich gut orientieren.

Und der Karpfen? Wenn er aus der richtigen Zucht kommt, hat er sogar positive Klimaeffekte, weil sein Teichökosystem Klimagase speichert.

Bei Geflügel sieht es leider ganz anders aus: Mit 4,22kg CO2-Emissionen pro Kilogramm liegt es direkt hinter Rind und Schwein als Klimaschädling. Allerdings ist entscheidend, womit das Federvieh gefüttert wird – also mit Soja (zumeist konventionelle Haltung) oder z. B. mit heimischen Lupinen (i.d.R. Biohaltung).

Womit wir bei einem ganz generellen Aspekt wären: bio.

DAS THEMA FLEISCH IST SEHR KOMPLEX
und sprengt definitiv unseren Rahmen hier, aber wir haben euch eine kleine, interessante Sammlung von Links zusammengestellt, die uns bei den Recherchen für diesen Artikel begegnet sind. Schaut doch mal rein.

LINKLISTE:
https://www.zeit.de/2021/37/fleischkonsum-klimaschutz-kuh-methan-tierwohl-landwirtschaft
https://www.naturland.de/de/naturland/was-wir-tun/fisch/nachhaltiger-fischfang.html
https://www.foodforum-magazin.de/food-trends/wie-nachhaltig-ist-gefluegelfleisch/

Viel Bio hilft viel.

Auch logisch, Bio-Lebensmittel (egal ob Gemüse, Fleisch, Käse & Co.) sind besser als konventionell angebaute. Durch die strengen Regeln von insbesondere Naturland, Bioland und Demeter werden Artenvielfalt, Boden- und Wassergesundheit unterstützt. Und wenn man dann noch in der Nähe auf dem Markt oder direkt beim Bauern einkauft, umso besser. Das – wie auch grüne Kisten und Mitgliedschaften bei Solawis (Solidarische Landwirtschaft****) – unterstützt die Landwirte, macht sie unabhängiger vom Handel und seiner margenorientierten Preispolitik. Was dann auch wieder ein gutes Werk ist.

Regional. Saisonal.

Irgendwie kann es nicht oft genug gesagt werden: Saisonales Obst und Gemüse aus der Region ist so ziemlich das beste, was man kaufen kann. Also eben keine Erdbeeren im Winter (es sei denn, man hat wie ich so eine verrückte Pflanze auf dem Balkon). Keine Tomaten nach Oktober. Keine Äpfel aus Neuseeland. Und so weiter und so fort.

Das hört auch beim Wein nicht auf: Europäischer ist klimafreundlicher als der aus Übersee. Und Kartoffeln sind übrigens wasserschonender im Anbau als Reis.

Und Kaffee? Auch hier gilt: Bio- oder Demeter-Anbau ist auf jeden Fall ein Muss, Fairtrade ebenso. Unsere Kaffees werden zum Beispiel in kleinen, sogenannten Kaffeegärten unter Schattenbäumen angebaut. Das heißt: keine Monokulturen, keine Pestizide oder Herbizide. Wasser wird gespart, weil nicht so viel verdunstet. Die Artenvielfalt wird gestärkt, ebenso die Gesundheit des Bodens. Aber auch das ist klar: Kaffee wächst nicht in Europa, muss transportiert werden – er ist Luxus. Und so sollten wir ihn dann auch behandeln. Was wir mit dem größten Vergnügen tun.

Fazit: Natürlich kann man voller Genuss „grüner“ essen und trinken. Wenn man sich ein bisschen Mühe gibt. Perfekt muss man nicht sein, das kann niemand. Aber die vielen kleinen Schritte summieren sich eben. Und können sehr effektiv sein. Let’s go.

*https://www.zeit.de/zeit-magazin/wochenmarkt/2021-09/klimafreundlich-einkaufen
**https://eatforum.org/lancet-commission/eatinghealthyandsustainable/
***https://www.wildaufwild.de
****https://www.solidarische-landwirtschaft.org