Eine bittere Pille: die Kaffeepreise.

„Kaffee ist Luxus.“ – Ich weiß nicht, wie oft ich diesen Satz schon hier im Mount-Hagen-Blog gebetsmühlenartig geschrieben habe, um unserer Wertschätzung Ausdruck zu verleihen. Für die Farmer, ihre Arbeit und das Ergebnis: hocharomatische Bohnen. Wie man an den aktuellen Kaffeepreisen feststellen kann: Der Satz stimmt. Und das wird sich in Zukunft nicht ändern.

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Barbara Beiertz

foto: pratikgupta from pexels

5 Gründe, warum die Kaffeepreise so gestiegen sind.

Klimawandel, Wetterextreme mit Ernteausfällen, gestiegene Nachfrage, Börsenspekulation mit Rohkaffee und EU-Gesetze, das sind im Wesentlichen die Ursachen für Preise von 20 Euro und mehr pro Kilogramm Kaffee.

Schauen wir uns das mal im Detail an.

Klimawandel & Co.

Ich denke, über die Tatsache Klimawandel muss man hier nicht mehr diskutieren. Seine Auswirkung waren 2024 ziemlich deutlich zu spüren:

Brasilien, der größte Kaffeeproduzent der Welt, insbesondere für Arabica-Kaffees, hatte letztes Jahr extreme Wetterbedingungen und durch die Dürre massive Ernteausfälle. In Vietnam, dem zweitgrößten Kaffeeexporteur, waren es Überschwemmungen, die die Ernte (vor allem Robusta) geringer ausfallen ließen. Hinzu kommt, dass die Lager leer sind, es also keine Puffer gibt, um solche Situationen auszugleichen.

„Der derzeitige Preisanstieg ist in erster Linie auf die Sorge um die künftige Produktion zurückzuführen. La Niña, eines der stärksten Wetterphänomene der Welt, verursacht in Brasilien Dürreperioden. Das Land erlebt derzeit die schlimmste Dürre seit Jahren, was die Arabica-Produktion in der Saison 2024/2025 einschränken könnte, was zu einem Defizit statt des erwarteten Überschusses führen könnte. Außerdem hat der Taifun Yagi in Vietnam viele Bäume zerstört, und die für die kommenden Monate erwarteten Regenfälle aufgrund von La Niña könnten zu zahlreichen Krankheiten führen, die die Kaffeebäume befallen.“ (xtb, September 2024).

Die Konsequenz: Arabica-Kaffee kostete im Dezember 24 76% mehr als im Jahr zuvor (Dez. 23: 185,23 US-Cent/Pfund vs. Dez. 24: 326,97 US-Cent/Pfund*). Womit wir beim nächsten großen Preis-Faktor wären…

Das Prinzip von Angebot und Nachfrage. Oder: Welcome to Wallstreet

Wie beschrieben, ist das Kaffeeangebot gerade nicht besonders groß. Dafür steigt aber die Nachfrage deutlich. China entwickelt sich zum Kaffeeland. Indien ist ebenfalls auf dem Weg dahin. Klar, dass das die Preise weiter nach oben treibt. Auf ein Niveau, das Kaffeebauern vorher nur mit Fairtrade- oder Direct-Trade-Kaffees erreichen konnten. Jetzt bekommen sie für einen „ganz normalen, konventionell angebauten Kaffee“ eben über 75% mehr als noch im Vorjahr.

Die Folge: Will man einen biozertifizierten (und damit sehr aufwendig angebauten) Rohkaffee kaufen, muss man Preise bieten, die über dem Weltmarktniveau – also über den 75+% – liegen. Das gilt natürlich auch für Fairtrade-Kaffees. Bitte nicht missverstehen – auch in den Anbauländern herrscht Inflation, sind die Energiepreise u.ä. gestiegen. Aber erschwerend kommt noch ein anderer Faktor hinzu…

Das EU-Entwaldungsgesetz (EUDR).

2023 hat die EU ein Gesetz zum Schutz vor Entwaldung beschlossen, die sogenannte „EU Deforestation Regulation“ (kurz EUDR). Sie soll entwaldungsfreie Lieferketten für Kaffee, Holz, Kakao, Soja usw., die in die EU exportiert werden, sicherstellen und gilt ab diesem Jahr. Betroffen sind alle Flächen, die seit 2020 bewirtschaftet wurden. Eigentlich toll. Wer will denn schon, dass für seinen Lieblingsespresso Tropenwald abgeholzt wird?

Aber: Das Gesetz hat auf alle Beteiligten – also auch auf Kaffeefarmer und Kooperativen – enorme Auswirkungen. So wird beispielsweise verlangt, dass sie GPS-Daten zur Rückverfolgbarkeit der Ressourcen, also der Kaffeeanbauflächen, liefern. Man stelle sich also vor, in Papua-Neuguinea soll ein Farmer von seinem Kaffeegarten mit 4 oder 5 Sträuchern GPS-Daten beibringen und nachweisen, dass 2020 dort kein Wald stand. Dann schickt er das an seine Kooperative, die dann wiederum den ganzen Papierkram von zig Kleinstbauern zusammenträgt…

Davon mal abgesehen, dass das viel Aufwand ist, der Geld kostet und sich natürlich auf die Preise auswirkt: Warum sollten die Farmer bzw. die Kooperativen das tun, wenn sie ihren Kaffee jederzeit ohne diesen Aufwand in die USA oder nach China verkaufen können?

Da muss man schon sehr gute, partnerschaftliche Beziehungen zu seinen Produzenten haben, um in so einer Situation nicht leer auszugehen. Zum Glück haben wir die bei Mount Hagen. Weil wir immer wieder in die Unterstützung der Farmer investiert haben, sei es botanisch, geologisch oder strukturell etc. Wobei unsere Aufbauhilfe die lokal vorhandenen Strukturen – also z.B. Universitäten, Nichtregierungsorganisationen etc. – mit einbezieht und so eben auf langfristige Zusammenarbeit ausgerichtet ist. Manchmal ist es aber auch einfach das „Organisieren“ von Maschinen. Oder spontane finanzielle Hilfe beispielsweise beim Schulbau in Papua. Oder auch die Vorfinanzierung der Demeter-Kaffee-Ernte in Peru inklusive des Baus einer neuen Kaffeeaufbereitungsanlage mit Trocknungsflächen auf der Farm La Chacra D’dago. Das ist unser ganz eigenes Verständnis von Geschäftsbeziehungen. Von Respekt. Und das ist die Basis unseres außergewöhnlichen Kaffees. Ich finde, das kann man schmecken.

Inflation, Geopolitik, Logistik und andere „Kleinigkeiten“.

Ein blockierter Suezkanal, ein neuer amerikanischer Präsident, Inflation, Krieg – all das wirkt sich selbstverständlich auf den Kaffeepreis aus. Gestiegene Logistikkosten machen sich ebenso bemerkbar wie teurere Energie. Dagegen kann man leider nicht wirklich etwas tun, davon sind alle betroffen.

Was mich persönlich allerdings auf die Palme bringt, ist die Kurzsichtigkeit von uns Konsumenten. Wir achten auf den Preis und freuen uns, wenn wir ein Schnäppchen machen: 1kg Arabica Bohnen für 9,99€ beim Discounter. Super! Gar nicht mehr „super“ ist das allerdings, wenn man diesen Preis auseinandernimmt:

9,99€
– 2,19€ deutsche Kaffeesteuer
= 7,80€
– 3,57€ (Rohkaffee, basierend auf dem Preis 12/23, s.o.)
= 4,23 €

4,23 Euro? Für Rösten, Verpacken, Transport, Großhändler, Einzelhändler? Und 3,57€ für Trader, Logistik, Kooperative, Farmer? Was bleibt denn da für den Kaffeefarmer und seine ganze Arbeit übrig? Nichts – oder weniger.

Selbst wenn das nur eine grobe Rechnung ist, macht sie eins klar: Wie wenig der Kaffee und die ganze Arbeit, die in den kleinen köstlichen Bohnen steckt, respektiert – geschweige denn wertgeschätzt – wird. Und da sprechen wir noch nicht mal von Biokaffee. Womit wir wieder beim Anfang angekommen wären:

Kaffee ist Luxus.

Die caphea arabica ist ein sensibles Pflänzchen, das bestimmte Mengen an Licht und Schatten, Sonne und Wasser braucht (der berühmte Kaffeegürtel in der Nähe des Äquators). Sie zu hegen und zu pflegen – ohne chemische Pflanzenschutzmittel, ohne Pestizide – ist eine Mordsarbeit.

Unsere Biokaffees wachsen nicht auf Plantagen in Monokulturen, wo man mit großen Maschinen arbeiten kann. Im Gegenteil: Sie wachsen in kleinen Kaffeegärten unter Schattenbäumen wie Casuarinen und Bananen zusammen mit Papaya etc. Was für den Boden gut ist, weil er viel besser Wasser speichern kann. Es gibt eine viel größere Artenvielfalt – was gegen Schädlinge hilft. Insgesamt sind die Pflanzen resilienter, was bei den Auswirkungen des Klimawandels definitiv besser ist. Das sind die Vorteile. Der große Nachteil heißt: Ernte von Hand (Picking), nicht maschinelles Stripping wie auf einer großen Industrieplantage.

Wusstet ihr, dass man für etwa 1 kg Rohkaffee ca. 5–7 Kilo Kaffeekirschen ernten muss? Das allein dauert ungefähr 4 Stunden. (Man denke an die 3,57€.) Dann kommen das Entpulpen, das Waschen, die Sonnentrocknung und so weiter und so fort. Will man einen wirklich guten, aromatischen Kaffee haben – und das wollen wir auf jeden Fall –, dann braucht das Zeit. Viel Zeit.

Auch beim Rösten. Eine Industrieröstung, die auf Masse und Effizienz ausgerichtet ist, dauert beispielsweise 2–3 Minuten bei sehr hohen Temperaturen. Wir rösten mindestens 11 Minuten bei sanften 200 Grad in unseren Trommelröstern in Hamburg. Warum? Weil man es schmeckt. Weil sich nur so die über 800 Aromen des Kaffees wirklich entfalten können. Ein bisschen Schokolade perfekt abgestimmt mit Haselnüssen, ein wenig Würze und dazu eine feine elegante Säure. Alles in allem heißt das bei uns (zugegeben ein wenig profan): Peru-Kaffee. Das ist ein Single Origin aus dem Demeter-Anbau von La Chacra D’dago. Und natürlich ist er Luxus – aber jeden einzelnen Cent wert. (Und übrigens gar nicht bitter.)

Qualität, Wertschätzung, Respekt – auch zu diesen Themen gibt es noch eine Menge mehr zu erzählen:

„Wertschätzung? Wert-Schätzung?“
„Luxus. Zeit. Kaffee“
„Reden wir über Qualität“
„Ist Bio drin, wo Bio draufsteht?

*Statista (29.1. 2025)